Als ich mir die Überschrift für den Artikel überlegte, stand zuerst da: „5 Tipps für bessere Sätze“.

Der Satz beschreibt, worum es geht, ist aber langweilig.

Dann tat ich, was ich oft mache, und fügte ein Adverb hinzu.

Ich kenne meinen Schreibstil und weiß, dass ich inflationär mit Adverbien umgehe. Überall schleichen sie sich ein und verstecken sich. Sie sind einfach immer da.

Ich überlegte und fand, dass die Überschrift dadurch besser wurde. Nicht wegen des Adverbs, sondern weil die Überschrift einen meiner häufigen „Fehler“ beinhaltet, den ich als Start für diesen Artikel nutzen kann.

Da habt ihr’s, ihr lächerlichen Schreibtipps. Mit der richtigen Argumentation kann ich alles machen.

Legen wir also los.

Oder nein – einmal muss ich noch auf die Bremse treten. Wenn ihr gerade einen Rohtext verfasst, dann lest nicht weiter. Speichert euch den Artikel ab und schreibt euren Rohtext.

Alles, was folgt, kann und soll erst beim Überarbeiten der Texte angewendet werden. Damit sind wir bei …

Tipp 1: Shitty first draft

Es ist so unendlich verlockend, während des Schreibens seinen Text zu bearbeiten und zu korrigieren.

Wir unterbrechen dadurch aber unseren Schreibfluss und bringen weniger aufs Papier, als wir könnten. „Wos liegt, des pickt“, hat beim Schreiben zum Glück keine Gültigkeit. Bevor ihr euch den Kopf über Formulierungen oder unnötige Adverbien zerbrecht, schreibt einfach weiter. Füllt das Blatt oder den Bildschirm mit euren Ideen. Was nicht passt, kann später korrigiert werden.

In der Wissenschaft und der Wirtschaft gibt es einen Begriff dafür: The cost of switching oder Switching cost. Wenn wir einer Tätigkeit nachgehen und zwischendrin andere Dinge machen, dann verbrauchen wir Energie für den Wechsel. Je öfter wir wechseln, desto mehr Energie verbrauchen wir, die wir weder für die eine noch für die andere Tätigkeit nutzen.

Tipp 2: Bilde kurze Sätze

Daniel Kahnemann schrieb in seinem Buch Schnelles Denken, langsames Denken*:

Wenn sie Wert darauf legen, für glaubwürdig und intelligent gehalten zu werden, sollten Sie sich nicht kompliziert ausdrücken, wenn man das Gleiche auch in einfachen Worten sagen kann. […] Sie sollten Ihre Mitteilung aber nicht nur möglichst einfach, sondern auch einprägsam formulieren. Drücken Sie Ihre Gedanken möglichst in gebundener Sprache aus; sie werden dann eher für wahr gehalten.

Kahnemann ist Experte auf seinem Gebiet, seine Bücher sind einfach formuliert. Man versteht die Inhalte, auch wenn man kein Experte ist.

Das heißt aber nicht, dass wir unsere Sätze immer kürzen und so kurz wie möglich halten sollen.

Die Satzlänge bestimmt nämlich das Lesetempo. Roy Peter Clark vergleicht in seinem Buch Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben den Punkt mit einem Stopp-Schild. Den langen Satz mit einer Geraden, bei der man Tempo aufnimmt und den Beistrich mit einer Schwelle auf der Straße, die das Tempo drosselt.

Nach kurzer Recherche und mehreren Blog-Artikeln musste ich feststellen, dass viel Falsches über Satzlängen geschrieben wird – vorrangig das Tempo betreffend. In den Artikeln wurde mir erklärt, dass kurze Sätze Tempo machen. Das stimmt nicht. Der Punkt ist das Stopp-Schild. Hier kann ich kein Tempo machen. Ich kann kurze Sätze aber nutzen, um Spannung aufzubauen oder der Leser:in die notwendige Zeit zu geben, den Inhalt zu verarbeiten.

Tipp 3: Vermeide Füllwörter

Eigentlich sollte ich den Tipp an die erste Stelle setzen.

Ha, erwischt! Schon wieder ein Füllwort.

Füllwörter sind die Achillesferse meines Schreibens. Zum Glück weiß ich das und kann dagegen vorgehen. Nicht während des Schreibens (!), sondern danach, bei der Bearbeitung meiner Texte. Die „bösen“ Wörter sind mir bekannt und doch tauchen sie immer wieder auf.

Einige Beispiele: eigentlich, schon, ziemlich, genau, irgendwie, grundsätzlich, …

Adjektive werden oft für Erklärungen verwendet, die uns bereits klar sind. „Die laute Explosion“ oder „der kalte Wintertag“ sind Beispiele. Dasselbe gilt für Adverbien.

Die laute Explosion zerstörte das Gebäude vollständig.

Ohne Verlust an Information können wir den Satz kürzen.

Die Explosion zerstörte das Gebäude.

Tipp 4: Schreibe aktive Sätze

Durch aktive Sätze werden unsere Texte besser.

Ähm, nein. Nochmal. Also.

Durch aktive Sätze verbessern wir unsere Texte.

Das Wort „verbessern“ aktiviert den Leser. Er tut etwas und erhält ein Ergebnis. Die passive Formulierung beschreibt zwar dieselbe Zustandsänderung, lässt den Leser aber nicht aktiv werden.

Verbanne aber nicht jede passive Satzstellung aus deinen Texten. Du kannst sie gezielt als Stilmittel einsetzen. Wenn du beschreiben möchtest, dass einer Figur etwas widerfährt und sie dem Schicksal ausgesetzt ist, unterstützt die Passiv-Konstruktion die Geschichte.

„Der Junge wurde ins Wasser geworfen“, funktioniert nur im Passiv. Der Junge ist unsere Hauptfigur, und ihr wurde etwas angetan. Ändern wir den Satz ins Aktiv, etablieren wir eine neue Hauptfigur. „Er/sie warf den Jungen ins Wasser“.

Roy Peter Clark verfasste in seinem Buch Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben drei Regeln:

_ Aktive Verben erzeugen Handlung und verweisen auf den Handelnden.
_ Passive Verben heben den Empfänger, das Opfer, hervor.
_ Das Verb ‚sein‘ verbindet Subjekt und Idee zu einer Aussage.“

Und weil er so wunderbar einfach und echt ist, möchte ich noch einen Satz aus seinem Buch zitieren:

Hier eine Regel für das wahre Leben: Entschuldigen Sie sich immer aktiv.

Tipp 5: Könntest du den Konjunktiv weglassen (wenn das möglich wäre)

Der Konjunktiv II ist der höfliche Begleiter der deutschen Sprache. Wir wollen ja nicht aufdringlich oder gar forsch sein. Wir tasten uns lieber vorsichtig an den Kern heran und fragen, „Könntest du bitte deinen Text beenden?“

Manchmal ist es aber angebracht, deutlicher zu werden und zu sagen: „Beende bitte deinen Text.“

Das gilt für das Schreiben und für das Sprechen. Und wenn wir uns nicht sicher sind, sagen wir: „Kannst du bitte deinen Text beenden?“

Der Konjunktiv II ist aber nicht nur Träger der Höflichkeit, sondern auch der Irrealität. Sobald wir auf ihn zurückgreifen, verlassen wir die Welt des Realen. Wir drücken mit ihm Wünsche und Träume aus und sprechen darüber, was schön wäre oder was wir uns vorstellen.

Hätte ich, würde ich oder wie wir im Dialekt sagen hät i, tat i.

Die 5 Tipps sind nur ein kurzer Ausflug in die Welt besserer Sätze und Texte. Zu entdecken gibt es noch viel, viel mehr.

Mein Tipp 5.5: Schnapp dir das Buch Die 50 Werkzeuge für gutes Schreiben* von Roy Peter Clark. Es ist hervorragend geschrieben, übersichtlich gestaltet und bietet dir etliche Werkzeuge mit eindrucksvollen Beispielen.

Und jetzt:
Lass dich überzeugen.
Sei überzeugend.

*Ein kleiner Hinweis: Die Links zu den Büchern sind sogenannte Affiliate Links. Das bedeutet, wenn du über einen dieser Links etwas kaufst, erhalte ich eine kleine Provision – ohne, dass es für dich teurer wird. So unterstützt du mich dabei, weiterhin Inhalte für dich zu erstellen 😊

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